Es gibt bei jedem Situationen im Leben, die die Grenze der Belastbarkeit sprengen. Das führt nicht selten dazu, dass das System im Gehirn aus dem Gleichgewicht gerät. Das kann wie ein Beinbruch passieren, schnell und unabwendbar oder schleichend, durch unvorteilhafte Verhaltensarten, vergleichbar mit dem Raucher, der sich dann über seinen Krebs wundert.
Individuell wie die Menschen sind auch ihre Krankheitsbilder. Es gibt kein Patentrezept, aber viele Möglichkeiten die Lage etwas zu verbessern. Und irgendwann, mit der Summe der Maßnahmen, überwindet man das Problem, arrangiert sich mit der Störung und stellt sich neu ein. Der Blickwinkel auf die eigene Situation ist schwer zu verändern, aber der Schlüssel. Manchmal ist das ein langer Weg.
Auf diesem Weg können Medikamente meist nur die Therapiefähigkeit erreichen. Haupt-Therapieschritt ist aber meist die Auseinandersetzung mit den eigenen Themen und dem Blickwinkel auf die eigene Situation. Eins vorweg, immer glücklich geht nicht und jetzt gerade glücklich sehr oft, man merkt es nur nicht. Das liegt oft daran, dass die eigene Achtsamkeit im Alltag verloren gegangen ist. Der Malus liegt in der Vergangenheit und zieht die Seele dorthin, aus Sorge vor der Zukunft und ob sie wieder eine unschöne Überraschung birgt, verdrängt sie aus der Gegenwart. Ein durchaus erfreuliches Leben ist eine Gradwanderung – in der Gegenwart. Sicherlich trifft dies nicht in jeder Situation zu, das Jetzt kann durchaus unerfreulich sein, von hier rührt wohl auch der Grund in die Vergangenheit zu verrücken oder sehr genau abschätzen zu müssen, wie es in die Zukunft weiter gehen kann. Die Sorgen die bei letzterem enstehen können. Das ist dann sicher auch sinnvoll, um die richtigen Entscheidungen abzuwägen und die Vorstellung vergangener, besserer Zeiten geben einem die Möglichkeit, dem unerträglichem, nicht abänderbaren Jetzt kurzfristig zu entfliehen. Verrückt wird es, wenn ein unerträgliches Jetzt zum Dauerzustand erklärt wird und Vergangene Ereignisse Zukunftsbestimmend wirken und ein angenehmes, bewusstes im Jetzt leben verhindern, obwohl dem Jetzt Objektiv keine Bedrohungslage vorausgeht oder unmittelbar folgt.
Tipps und Ratschläge sind für die selbst Betroffenen oft eher Schläge, für die indirekt Betroffenen das einzige was ihnen zu geben bleibt. Der selbst Betroffene zieht daraus oft den Vorwurf selbst Schuld, unfähig oder faul zu sein, der indirekt Betroffene versucht oft so seine Empathie zu bekunden, es gibt aber auch Unverständige die es genau so meinen, weil sie das Krankheitsbild nicht verstanden haben und ganz oft kann der Erkrankte das Krankheitsbild selbst nicht begreifen und sieht aber über Vorwürfe, Übergriffe und eigene Unzulänglichkeit und verliert durch Rückzug den Kontakt. – Ein Teufelskreis.
Den Unverständigen erkennt man daran, dass er einem sagt, man solle sich zusammenreißen und morgen sei alles wieder besser. Diesen Menschen kann auch geholfen werden, dem Ignoranten nicht. Hier ein Aufruf zu gegenseitiger Geduld, auch wenn es immer wieder kommt und man keinen Bock darauf hat. So wie der Erkrankte den Vorwurf erhebt, nicht verstanden zu werden kann der der andere den Vorwurf erheben, eine unzureichende Erklärung bekommen zu haben. – Sackgasse, die Welt ist ungerecht.
Was kann man nun tun? Geduld, Edukation, Aktivität und Therapie
Geduld: Sowohl der Erkrankte, als auch das Umfeld braucht davon sehr viel.
Es ist halt eine Verletzung die Heilen muss. Der Selbst-Betroffene muss erkennen, dass er Handlungsbedarf hat. Leider sehen viele Menschen eine psychische Störung als Makel und holen sich die ohnehin schon schwer zu bekommende Hilfe wenn sie schon mitten in der Katasrophe stecken. Das ist aber genauso verrückt wie einen Beinbruch oder einen Tumor als Stigma anzusehen. Und von diesen weiß man ja, das frühzeitiges Handeln oft schlimmeres verhindern kann. Wohingegen z. B. eine Depression, ich nenne es auch Seelenkrebs, eine potenziell tödliche Erkrankung ist, welcher jedes Jahr unsinnig viele Menschen zum Opfer fallen.
Edukation: Man muss die Mechanismen und wie sie einen Steuern kennen, um sie sinnvoll zu beeinflussen. Wem ist schon bewusst, welche Rolle die Amygdala oder das Mikrobiom bei einer psychischen Störung spielen. Auch Entspannungstechniken haben eine gewisse Lernkurve. Ebenso ist mit Achtsamkeit ein Lern- und Übungsprozess verbunden, der einer gewissen Anleitung bedarf. Auch fehlt es vielen Menschen an einem Bewusstsein und Vokabular für ihre eigenen Gefühle. Hilfestellung bietet hier z. B. ein Gefühlsstern. Und wie so eine Krankheit funktioniert ist oft auch nicht ganz unwesentlich zu wissen. Für das Umfeld kann ein ähnlicher Wissensstand ebenfalls sehr hilfreich sein und Verständis erzeugen und die Leidensfähigkeit erhöhen und möglicherweise einen Beziehungsabbruch verhindern.
Aktivität: Aktivitäten zwingen ins Jetzt. Sei es Sport, Wandern, Schwimmen oder Basteln. Sie zwingen ins Jetzt, mit jedem Schritt, Schlag oder Zug ist der Gedanke im Hier und Jetzt. Außerdem werden durch körperliche, schweißtreibende Aktivität heilende Hormone ausgeschüttet.
Hier ein Artikel zum Thema.
Und hier ein etwas anderer Artikel, der nicht ganz so euphorisch darüber berichtet, ber im Ergebis den positven Effekt bestätigt.
Therapie: Ein Therapeut ist ein ganz wichtiger Partner im Prozess der Heilung. So ist er als Psychiater in der Lage zu erkennen und bei Bedarf hilfreiche Medikamente zu verordnen, die einem zur Therapiefähigkeit helfen können. Als Tiefen-Psychiologe die Ursache auf die Spur zu kommen und möglicherweise Knoten zu lösen. Als Verhaltens-Psychiologe hilft er beim Erlernen von Änderungen im Verhalten, um Krisen zu vermeiden. Als Ergo-Therapeut sinnstiftende Interessen und Fähigkeiten zu entdecken, das Ego wieder zu stärken. Der Ostheopath hilft dem Vegetativum und löst Blockaden auf und hilft dem Körper wieder zur störungsärmeren Funktion. Aber hier kann man öfter als gewünscht an esotherische Scharlatane geraten, die vor allem an den Geldbeutel wollen.
Mein persönlicher Rat: Hol dir Hilfe, sobald du merkst, dass es nach drei Wochen nicht besser wird. Nicht kleckern sondern Klotzen. Bei einem Beinbruch möchtest du auch nicht erst selber rumprobieren und bei Krebs ist jedem klar, das Wegignorieren der absolut tödlichste Weg ist. Besorge dir einen Termin beim Psychiater, das ist nicht schlimm, besorge dir einen Termin bei einem Tiefenpsychiologen, das sollte eigentlich der erste Psychiologe sein, mit dem du arbeitest. Das dauert leider schon oft lange genug. Dazu benötigst du nicht einmal eine Überweisung vom Hausarzt. Die ersten 5 Sitzungen beim Psychiologen sind probatorische Sitzungen und werden in der Regel komplett von der Kasse getragen. Du kannst auch mehrere durchprobieren. Sie sind unverbindlich zum Kennenlernen und gucken ob es passt und überbrücken auch die Zeit bis zum Therapiebeginn. Was dannach kommt, dass weiß der Psychologe und erledigt das auch in der Regel mit deiner Unterstützung.